Immobilienbesitzer, die ihre Baufinanzierung vor Beginn der derzeitigen Niedrigzinsphase abgeschlossen haben, schauen neidisch auf die heute angebotenen, deutlich besseren Zinskonditionen. Der Gedanke liegt nahe, den bestehenden Kredit vor Ablauf des Vertrages zu kündigen und einen neuen mit besseren Zinskonditionen abzuschließen, mit anderen Worten umzuschulden. Weitere Gründe für eine vorzeitige Kündigung können die kürzere Laufzeit eines neuen Kredits oder bessere Monatsraten sein, weil sich etwa die Belastungsgrenze verschoben hat.

Laut Gesetz ist die vorzeitige Kündigung eines Baufinanzierungsdarlehens nur in zwei Fällen berechtigt: bei einem Verkauf der Immobilie oder wenn die Immobilie zur Absicherung eines zusätzlich benötigten Kredites genutzt werden soll. In beiden Fällen kann die Bank aber eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Sie ist fast immer mit hohen Kosten verbunden, die den Zinsvorteil eines neuen Kredits mit besseren Zinskonditionen meist mehr als zunichte machen. Denn die Banken verlangen für die vorzeitige Kündigung eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung. Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung, und welche Varianten existieren für eine Kündigung?

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass dem Institut, das den Kredit gewährt, durch die vorzeitige Kündigung eines Darlehens ein Schaden entsteht. Diesen „Zinsverschlechterungsschaden" kann die Bank in Form einer Vorfälligkeitsentschädigung geltend machen.

Kündigungsvarianten:

  • Für das Darlehen ist die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung vereinbart. Dann kann die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung erheben.
  • Das Darlehen hat eine Zinsbindungsfrist von 10 Jahren, und diese Zeit ist um. Dieser Vertrag kann ohne Vorfälligkeitsentschädigung gekündigt werden.
  • Das Darlehen hat eine Zinsbindungsfrist von 10 Jahren, ist durch eine Hypothek oder Grundschuld abgesichert und soll vor Ablauf dieser Zeit gekündigt werden: Dann muss das Kreditinstitut einer vorzeitigen Kündigung bzw. der Umschuldung zustimmen. Aber: Die Bank kann die vorzeitige Kündigung auch ablehnen. Das Problem: Viele Banken stimmen einer vorzeitigen Kündigung nur noch bei einem Verkauf der Immobilie oder einer sozialen Härte (Tod eines Familienmitglieds oder Arbeitslosigkeit) zu.
  • Das Darlehen hat eine Zinsbindungsfrist von mehr als 10 Jahren: Laut § 489 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) hat ein Kreditnehmer nach 10 Jahren ein Sonderkündigungsrecht für sein Darlehen oder seine Hypothek. Allerdings muss der Darlehensnehmer eine sechsmonatige Kündigungsfrist für seine Baufinanzierung einhalten. Stichtag ist der Zeitpunkt der Vollauszahlung des Kredits. Denn die 10-Jahresfrist beginnt einen Tag, nachdem das Baudarlehen vollständig an den Darlehensnehmer ausgezahlt wurde (§187 Abs. 1 BGB).

Ausnahmefälle:

  • Ein Darlehensvertrag für eine Immobilienfinanzierung mit veränderlichem Zinssatz kann jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werden.
  • Ein Darlehen, das nicht durch ein Grundpfandrecht besichert ist, kann sechs Monate nach dem vollständigen Empfang des Darlehens mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten gekündigt werden.

Falsche Widerrufsbelehrungen:
Eine weitere Möglichkeit, ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung aus alten Kreditverträgen auszusteigen und dann einen Vertrag mit besseren Konditionen abzuschließen, bieten falsche Widerrufsbelehrungen in alten Verträgen, die seit dem 2. November 2002 abgeschlossen wurden. Mehr dazu hier.

Wie wird eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnet?
Die Kreditinstitute machen bei der vorzeitigen Kündigung eines Darlehens einen „Zinsverschlechterungsschaden" geltend. Darüber hinaus verlangt die Bank noch Geld für die Bearbeitung der Kündigung. Demgegenüber stehen der Ausfall des Kreditrisikos und ein Wegfall der Verwaltungskosten.

Die genaue Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung umfasst folgende Einzelpunkte:

  • Darlehensart: Annuitätendarlehen, Darlehen ohne Tilgung oder Ratenkredit ohne Absicherung im Grundbuch
  • Beginn des Darlehensvertrages
  • Ende der Sollzinsbindung
  • Restschuld
  • Sollzinssatz
  • Ratenhöhe
  • geplanter Kündigungstermin
  • eventuelle Sondertilgungen (sehr wichtig! Bei der Berechnung muss die Bank laut höchstrichterlicher Rechtsprechung annehmen, dass alle noch ausstehenden möglichen Sondertilgungen auch tatsächlich genutzt werden. So sinkt die zu berechnende Kreditsumme und verringert die Zinslast.)

Einen kostenlosen Rechner für die voraussichtliche Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung stellt die FMH Finanzberatung zur Verfügung.
Wer lieber den unabhängigen Verbraucherzentralen bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung traut, kann hier einen Antrag downloaden: Die Berechnung ist abhängig von der Zahl der zu prüfenden Kreditverträge und kostet ab 70 Euro.

Fazit: Die vorzeitige Kündigung eines Baufinanzierungsdarlehens und eine damit verbundene Umschuldung rechnen sich immer dann, wenn die Kosten einer Vorfälligkeitsentschädigung geringer ausfallen als die noch zu zahlenden Zinsen während der Restlaufzeit des Darlehensvertrages. Voraussetzung ist aber, dass die Bank einer vorzeitigen Kündigung zustimmt.

Tipp: Sind nach der Vollauszahlung Ihrer Baufinanzierung (vollständiger Empfang des Darlehens) bereits 10 Jahre oder mehr vergangen, können Sie den Darlehensvertrag mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz einfach kündigen. Dabei ist es völlig unerheblich, wie lange die Sollzinsbindung Ihrer Immobilienfinanzierung noch läuft. Für den noch bestehenden Darlehensbetrag („Restschuld") können Sie ganz einfach, zu den aktuell äußerst günstigen Baugeld-Zinsen, einen neuen Darlehensvertrag für Ihre Baufinanzierung abschließen. Oft wird der Aufwand hierfür von den „Hausbanken" völlig übertrieben dargestellt, um Sie von einem Wechsel abzuhalten.

Eine andere Möglichkeit, die Zinslast und letztendlich die Gesamtsumme für die zu finanzierende Immobilie zu senken, ist ein Forward Darlehen etwa für eine Anschlussfinanzierung nach dem Ablauf des Kredits. Damit sichern sich Kreditnehmer günstige Zinsen für ein Darlehen, auf das sie aber erst in der Zukunft (bis zu fünf Jahre) zugreifen werden.