Die Bewertungsreserven sind Bestandteil der Überschussbeteiligung, mit der Versicherte bei Lebensversicherungen und Rentenversicherungen an Erträgen des von ihnen eingezahlten Kapitals beteiligt werden. Zu den Überschüssen gehören nämlich nicht nur laufende Erträge wie Zinszahlungen oder Dividenden, sondern auch Buchgewinne, die sich aus der Differenz zwischen den Anschaffungskosten und dem Marktwert einer Anlage ergeben. Diese Buchgewinne werden auch Bewertungsreserven genannt.
Was sind Bewertungsreserven?
Bewertungsreserven entstehen, wenn der Marktwert von Kapitalanlagen höher ist als Buchwert, also der Preis, zu dem die Anlage angeschafft wurde. Beispiel: Ein Versicherungsunternehmen hat für 10 Mio. Euro Anteile an einer Anleihe zu einem Kurs von 100 Euro gekauft. Fünf Jahre später liegt der Kurs der Anleihe bei 110 Euro, der Marktwert beträgt also 11 Mio. Euro. Die Differenz von einer Million Euro geht als Buchgewinn in die Bewertungsreserven ein.
In der gegenwärtigen Niedrigzinsphase liegt der Marktwert von festverzinslichen Wertpapieren – insbesondere bei älteren, hoch verzinslichen Anleihen – erheblich über dem Buchwert. Auch der Wert der meisten Immobilien ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. In der Folge verfügen die meisten Versicherungsunternehmen über hohe Bewertungsreserven, an denen sie die Versicherten beteiligen müssen.
Wie werden die Bewertungsreserven ausgezahlt?
Die Höhe der Bewertungsreserven wird bei Ablauf oder Kündigung der Lebensversicherung ermittelt und ausgezahlt. Bei Rentenversicherungen ist die Beendigung der Ansparphase der maßgebliche Zeitpunkt für die Ermittlung der Bewertungsreserven.
Im Prinzip müssen die Versicherungsunternehmen die Hälfte der Bewertungsreserven an die Versicherten auszahlen. Allerdings gibt es hier seit 1. August 2014 eine Einschränkung: Die Versicherer müssen nur noch den Anteil an den Bewertungsreserven ausschütten, der ihren eigenen Sicherungsbedarf übersteigt. Diese Einschränkung gilt nur für Bewertungsreserven aus festverzinslichen Wertpapieren, Anlagen wie Aktien oder Immobilien sind nicht davon betroffen.
Gesetzliche Grundlagen der Bewertungsreserven
Dass die Versicherten an Bewertungsreserven beteiligt werden, ist einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2005 zu verdanken, in welchem der Gesetzgeber zu einer Neuregelung der Überschussbeteiligung aufgefordert wurde. Seit dem Inkrafttreten des reformierten Versicherungsvertragsgesetztes (VVG) zum 1. Januar 2008 sind die gesetzlichen Grundlagen zu den Bewertungsreserven in § 153 VVG geregelt.
Zum 1. August 2014 sind – auf Drängen der Versicherungswirtschaft – die Regelungen für die Ermittlung der Bewertungsreserven geändert worden. Buchgewinne aus festverzinslichen Wertpapieren gehen seither nur noch dann in die Bewertungsreserven ein, wenn sie den „Sicherungsbedarf“ des Versicherers übersteigen. Einzelheiten hierzu sind in § 139 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) geregelt. Mit der Neuregelung soll verhindert werden, dass Kunden, deren Verträge in der aktuellen Niedrigzinsphase auslaufen gegenüber Kunden, deren Verträge noch lange laufen, bevorzugt werden.